Montag, 20. August 2012

leseprobe aus dem kapitel "raum für das was ist"

 im kapitel "raum für das was ist" lerne ich mit einem bedrohlichen körpersymptom in kontakt zu gehen  und seine botschaft zu verstehen
(auszug)





"Ich lerne das Führen eines heilsamen Selbstgesprächs von meiner Freundin Elisabeth. Sie arbeitet in ihrer psychotherapeutischen Praxis die meiste Zeit stark körperbezogen und hilft mir über eine Methode, die sich Focusing nennt, mit meinen Körpersymptomen in einen guten, selbstreflexiven Kontakt zu kommen.
Wir sitzen uns in ihrer Praxis auf bunten Polstern am Boden gegenüber.
„Schließ die Augen und wende deine Aufmerksamkeit nach innen.“ sagt sie. „Wohin zieht es dich? Lass dir Zeit zu atmen und zu spüren.  Wo im Körper meldet sich etwas, das jetzt deine Beachtung möchte?“
Ich wende mich nach innen, atme und warte. Meine Aufmerksamkeit ähnelt einem Radarschirm – nur dass das Universum diesmal innen liegt. Tatsächlich - ein Körpergefühl entsteht.
„Da in meinem Brustkorb merke ich etwas. Es ist ganz fest, ganz dicht.“
„Gut. Spüre dich näher hin, beschreibe genauer wie es sich anfühlt.“
„Es ist – hart, richtig hart und flach wie eine Platte. So groß wie zwei Handflächen vielleicht. Wie eine Eisenplatte direkt am Brustbein. Ah, das ist unangenehm.“
„Nicht beurteilen“ sagt Elisabeth. „Nur die Empfindung wahrnehmen und beschreiben. Atmen. Setz dich innerlich dazu wie zu einem guten Freund. An dem würdest du auch nicht gleich herumzerren oder ihn verändern wollen, hm? Bleibe freundlich  zugewendet und neutral. Nimm dir genug Zeit, spür´ dich noch feiner hin.“
„Die Platte ist direkt über meinem Herzen.“ sage ich nach einer Weile. „Sie ist richtig fest – wie ein guter Schutz. Da geht nichts durch.“
„Ein guter Schutz also“, sagt Elisabeth „Okay. Mach weiter so. Bleib´ liebevoll und absichtslos mit diesem guten Schutz. Vielleicht ergibt sich eine Bewegung oder Veränderung?“
Ich lege eine Hand auf mein Herz, spüre Aufregung -  ja, da ist ein Bewegungsimpuls! Es geht nach vorne, ich beuge mich weit vor. Meine Stirn erreicht den Boden und ich lege meine beiden Arme rund um mich.
„Hier ist es gut wie in einer sicheren Höhle“ sage ich hinaus zu Elisabeth.
„Was ist denn so sicher in dieser Höhle?“ fragt sie zurück.
Ich spüre längere Zeit in meine Höhle hinein. Nach und nach kommen Gefühle und Bilder.
„Ich fühle mich da drinnen sicher und geborgen. Es ist absolut ruhig hier. Ich fühle mich wie ein kleines Kind, vielleicht vier Jahre alt. Hierher habe ich mich zurückgezogen, denn hier habe ich meine Ruhe. Keiner stört mich. Niemand sagt mir welche Gefühle ich haben soll. Ich habe hier alle meine eigenen Gefühle so  lange ich es will. Und weißt du was? Ich werde gerade richtig stolz auf mich, dass ich mir als kleines Kind eine so tolle Höhle gebaut habe!“
„Du hast da alle deine eigenen Gefühle“ bestätigt Elisabeth. „Keiner stört dich oder will dir etwas anderes einreden. Ganz schön klug von dir, so eine Höhle zu bauen.“
 Es ist wahr. Ich richte mich auf. Tränen laufen über mein Gesicht und ich bin so stolz auf mich wie noch nie zuvor. Es ist das erste Mal, dass ich mich in der Erinnerung nicht als arm und hilflos erlebe, sondern als ein klug und kompetent für sich selbst sorgendes kleines Menschenwesen. Bisher hatte ich gedacht, ich wäre den Wirren meiner Kindheit ohnmächtig ausgeliefert gewesen. Wie ein Flugzeug in der Schubumkehr ändert mein Denken gerade die Richtung – diese Höhle beweist dass ich als Kind klug, stark und selbstwirksam gewesen bin. Ich habe es nur noch nie bemerkt."










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